Dort dürfen nun an Heiligabend bis zu 500 Menschen zum Gottesdienst kommen, die sich zuvor registriert haben müssen. „Die Besucher bekommen auf der Tribüne Plätze zugewiesen, die wir vorher mit Sprühkreide provisorisch markiert haben”, erklärt Jochen Thull. Auf der Laufbahn des Stadions wird eine professionelle Veranstaltungsbühne inlusive Videoleinwand aufgebaut. Dort werden die Pfarrer stehen und auch die beiden Kirchenmusiker Peter Klasen und Marion Köhler mit ihren E-Pianos sein. Auch ein Posaunenchor wird zum Einsatz kommen.
Es wird drei Gottesdienste geben, um 14 und 15:30 Uhr jeweils einen ökumenischen Familiengottesdienst sowie um 17 Uhr eine katholische Familienchristmette als katholische Messe. „Die Gottesdienste werden etwa 35 Minuten dauern”, berichtet Jochen Thull. „Es wird ein interaktives, kompaktes Krippenspiel geben, die Gemeinde wird durch Sprechparts miteinbezogen.” Pfarrer Thull und die Pfarrerinnen Renate Gerhardt und Sandra Nehring werden zusammen die Liturgie halten, es werden auch Lieder gesungen, deren Texte auf der Leinwand erscheinen werden.
Stefan Jansen-Haß ist sehr gespannt und voller Vorfreude. „Für uns alle ist das ja absolutes Neuland. Wir sammeln jetzt auch Erfahrungen, die uns sicher bei künftigen Großveranstaltungen helfen werden.” Die ganze Veranstaltung hat fast schon einen „Festivalcharakter”, weil auch mit Beginn des Einlasses gegen 13:30 Uhr Musik gespielt werden wird und auf der Videoleinwand schöne Bilder gezeigt werden. Wenn jetzt noch das Wetter mitspielt und die Corona-Zahlen nicht steigen, stehen die Chancen auf sehr spezielle, unvergessliche Messen richtig gut.
Himmlich schöner Weihnachtschor
Am Heiligabend wird es später übrigens in der Brühler Innenstadt eine weitere, sehr schöne und ungewöhnliche Aktion zum Mitmachen geben. Das Lied „Stille Nacht, heilige Nacht” soll am Heiligen Abend um 21 Uhr in ganz Brühl ertönen. Die katholische und evangelische Kirche und die Stadt Brühl rufen alle Brühler auf, gemeinsam zu singen, vor ihren Haustüren oder von ihren Balkonen. Der Klang der Kirchenglocken aller Brühler Kirchen wird das Signal sein. Sobald die Glocken beginnen zu läuten, sind alle eingeladen einzustimmen. So könnten im Idealfall 45.000 BrühlerInnen einen himmlisch schönen, weihnachtlichen Chor bilden.
An den Weihnachtstagen wird es darüber hinaus eine Vielzahl weiterer Gottesdienste geben. Die genauen Termine finden sich auf den beiden Homepages https://kirche-bruehl.de/ und https://gem einden.erzbistum-koeln.de/seelsorgebereich_bruehl/.
In der Adventszeit sorgt auch die gemeinsame Aktion „Brühl wichtelt” für eine nette Abwechslung. Die Vorsitzende des Presbyteriums, Pfarrerin Sandra Nehring, hat die einmalige Aktion initiiert, um BrühlerInnen kontaktlose Begegnungen und persönliche Worte in Zeiten der Pandemie zu ermöglichen. Ihr Motto lautet: „Wir können gegen die Situation nichts machen, aber wir können mit ihr das Beste für jeden Einzelnen daraus ziehen.“
Deshalb ist jeder eingeladen, einen Mitmenschen an „den eigenen Lieblingsort“ zu schicken, indem er dort einen Gutschein in Höhe von 10 Euro erwirbt und diesen dann am 12. Dezember in der Zeit von 11 bis 15 Uhr an einer von sechs Stationen vor den Kirchen in Brühl gegen einen anderen eintauschen kann. Die Standorte sind: Johanneskirche/ Rodderweg, Christuskirche/Mayersweg, Andreaskirche/Andreaskirchplatz (ehem. Zum Sommersberg), St. Stephan/Rheinstraße, St. Margareta/Heinrich-Fetten-Platz und St. Pantaleon/ Badorfer Straße. Besonders ist, dass er diesen Gutschein zusammen mit einem persönlichen Grußwort abgeben kann.
Impulsvideos und Gottesdienstpakete
Die Kirchen zeigen nicht nur in dieser Adventszeit eine beispielhafte Präsenz und trotzen so den leider unvermeidlichen Einschränkungen, die die Corona-Pandemie mit sich gebracht hat. Schon während der Phase des ersten Lockdown haben sie neue Formate entwickelt, um mit den Gemeindemitgliedern auf anderen Wegen in Kontakt zu bleiben.
Die Katholische Kirche verzichtete in Brühl bewusst auf Videoübertragungen von Gottesdiensten, in denen der Pfarrer allein in der Kirche steht und in eine Kamera blickt. „Wir haben lieber Impuls-Videos gedreht, die etwa 15 Minuten lang waren und ganz unterschiedliche Themen behandelten”, sagt Jochen Thull. „Das ist mal ein Bildimpuls oder ein Bibelimpuls. Wir haben an unterschiedlichen Orten gedreht und das Ganze recht locker gehalten.” Die Videos kamen gut an, sie wurden teilweise bis 800 Mal angeklickt. Die Impuls-Videos wurden im Oktober und November ausgesetzt, jetzt werden sie wieder fortgesetzt.
Auch die Evangelische Kirche musste sich in der täglichen Arbeit umstellen. „Wir entwickelten Notfallpläne, Konfirmationen und Hochzeiten wurden verschoben. Gottesdienste fielen aus”, erinnert sich Marion Köhler. „Wir haben stattdessen Gottesdienstpakete entwickelt, kleine Andachten zum Abholen.” Es gab auch Videoandachten, aber keine Übertragungen.
Stefan Jansen-Haß verlegte manche Besuche kurzerhand nach draußen. „Es gab Besuche unterm Fenster”, sagt der Pfarrer. „Ich stand draußen unterm Fenster und sprach mit Menschen, die sie in ihrer Wohnung aufhielten. Oder ich habe Vorbereitungsgespräche zu einer Beerdigung bei einem Spaziergang im Schlosspark geführt. Wichtig ist, dass man sich Zeit für die Menschen nimmt, ob am Telefon oder in der persönlichen Begegnung.” Dabei hat der Pfarrer auch so gut es ging immer darauf geachtet, auch sich selbst zu schützen. „Wir sehen uns schon vor und waschen uns sehr oft die Hände”, sagt er. Auch bei den Gottesdiensten werden die Hygieneregeln penibel eingehalten. „Das ist auch unsere Pflicht gegenüber den Risikogruppen”, findet Marion Köhler. „Irgendwann ist das auch alles überstanden. Dann freue ich mich schon sehr darauf, wieder meinen Chor zu hören und mit ihm zu proben.” Und die Erfahrungen aus der Corona-Zeit werden inZukunft wertvoll sein.
Tobias Gonscherowski