Fünf Fragen an:Dr. Jürgen Pech und Dr. Achim Sommer

Im Lauf der Zeit ist es gelungen, rund 140 Werke und Texte von insgesamt 74 Künstlerinnen und Künstlern sowie Schriftstellerinnen und Schriftstellern mit höchst konträren Arbeits- und Sichtweisen zu versammeln. Zudem ermöglicht diese Zusammenzustellung auch einen Überblick von den Anfängen der surrealistischen Bewegung Mitte der 1920er Jahre bis zu ihren letzten Manifestationen in den 1960er Jahren.

BBB: Der Vogel spielt im Werk von Max Ernst eine besondere Rolle. Was ist noch über die künstlerische Auseinandersetzung und die Beziehung des Künstlers zur Tierwelt bekannt?
Dr. Pech: Die Fauna im Werk von Max Ernst ist total offen gegenüber der Tier- und Sagenwelt. Schon während der Kölner Dada-Zeit tauchen prähistorische Kreaturen auf, aber auch im „Schlafzimmer des Meisters, es lohnt sich, darin eine Nacht zu verbringen“ – so der Titel einer Übermalung – am vorderen Bildrand ein Wal, eine Fledermaus, ein Fisch und eine Schlange sowie im Hintergrund ein Lamm und ein Bär. Das Werk versammelt also Meeres-, Luft- und Landbewohner, zeichnet das Schlafzimmer als Ort der Schöpfung aus. In den 1930er Jahren gesellen sich Darstellungen von Mischwesen hinzu: die Sphinx und der Minotaurus aus der griechischen Mythologie oder die Melusine, also eine Wasserfee mit Schlangenleib, die auf die Sagenwelt des Mittelalters zurückgeht. Hervorzuheben wäre auch die Bronze „Bosse de nage“, also Schwimmbuckel, die das Mischwesen Hundspavian aus dem 1911 veröffentlichten Roman „Heldentaten und Ansichten des Doktor Faustroll, Pataphysiker“ von Alfred Jarry anspielungsreich charakterisiert.

BBB: Nach 35 Jahren in Diensten der Stadt Brühl werden Sie bald den wohlverdienten Ruhestand antreten. Was behalten Sie von diesen 35 Jahren besonders gerne in Erinnerung? Wie sehen Ihre weiteren Pläne aus?
Dr. Pech: Genau genommen sind es 40 Jahre, denn vor den 35 Jahren habe ich ab 1981 in chronologischer Reihenfolge insgesamt sieben thematische Ausstellungen für das Max Ernst Kabinett der Stadt Brühl erarbeitet, beginnend mit „Max Ernst vor Max Ernst“ bis zu „Max Ernst im fotografischen Porträt“ im Jahr 1985. Besonders gefreut hat mich der spontan gemachte Kommentar eines Ausstellungsbesuchers an Dr. Sommer und mich, dass er die Schausammlung und die Wechselausstellungen wegen der abwechslungsreichen Themen sowie der besonderen Art der Präsentation und Hängung immer wieder gerne besuche und auch weiterempfehle.
Dem Werk von Max Ernst bleibe ich auch weiterhin verbunden, denn die nächste Aufgabe ist, das Material für den achten und letzten Band des Oeuvre-Kataloges zusammenzustellen und für die Veröffentlichung vorzubereiten.

BBB: Die letzten beiden Jahre waren Corona-bedingt sehr ungewöhnlich. Wie schwer war es, das Museum durch diese Zeit zu führen, wieviel Kreativität war gefragt?
Dr. Sommer: Corona-bedingte Verschiebungen im internationalen Leihverkehr und eine fehlende Planungssicherheit erschwerten Vorbereitungen von Ausstellungen und Veranstaltungen. Einmal mehr war erhebliche Kreativität im Bereich Kunstvermittlung bei der Konzeption neuer Präsentationsformen und Vermittlungsformate erforderlich. Für Kunstinteressierte haben wir in der Reihe „Museum@Home“ auf der Homepage digitale Möglichkeiten ausgebaut und die Online-Angebote in den Sozialen Medien fortlaufend erweitert, z.B. Instagram-Tutorials zu Techniken von Max Ernst in Form von Mitmach-Video-Tutorials angeboten, interaktive Familienworkshops im digitalen Live-Format, Online-Führungen zu Highlights der Sammlung. Zudem wurde die Barrierefreiheit weitestgehend umgesetzt. Das Max Ernst Museum ist nicht nur analog, sondern auch digital gut aufgestellt – unser neuestes Projekt ist eine Max Ernst-App.