Fünf Fragen an: Mona Schulzek, Künstlerin

BBB: Was bedeutet Ihnen die Auszeichnung des Max Ernst Stipendiums? Welchen Stellenwert hat es in Ihrem bisherigen künstlerischen Schaffen?
Schulzek: Die Auszeichnung ist das erste Stipendium, das ich für mein künstlerisches Schaffen bekommen habe. Dadurch merke ich, dass meine Kunst außerhalb meines direkten Umfelds Wertschätzung bekommt.
Das ist eine tolle Bestätigung, die den enormen Aufwand, den ich für meine Kunst betreibe, würdigt. Zum einen habe ich den natürlichen Trieb Kunst zu schaffen, das Privileg dabei frei zu sein und nun erhalte ich Bestätigung dafür – das nimmt mir so manche Hürden und bringt mich in einen guten Flow. Das ist doch toll!

BBB: Inwieweit spüren Sie eine künstlerische Seelenverwandschaft zu Max Ernst?
Schulzek: Von Seelenverwandschaft zu sprechen, ist mir zu romantisiert. Ich möchte eher von einer zarten Ähnlichkeit zwischen seinen Collagen und meiner Fotoarbeit Ottomane, die ich auch bei meiner Ausstellung im Max Ernst Museum zeigen werde, sprechen. So wie er seine Materialien kombiniert und in rätselhafte, surreal anmutende Kompositionen rückt, so beseele ich Orientteppiche, indem ich sie in meinen Fotografien zwischen 2D und 3D oszillieren lasse. Max Ernsts Malereien sind ebenso wie meine Fotografien nicht physisch, sondern allein in der Vorstellung begehbar. Ich finde auch, dass der psychoanalytische Ansatz der Surrealisten, zu denen sich Max Ernst zählte, eine Parallele zu meinem theoretischen Ansatz aufweist, denn der Titel Ottomane bezieht sich auf Freuds Patientencouch, die er mit Orientteppichen verhüllte und eine Ottomane nannte.



BBB: Welchen Schwerpunkt setzen Sie in Ihrem künstlerischen Werk?
Schulzek: Mein künstlerisches Interesse ist – was Medium und Material betrifft – breit gefächert. In vielen meiner Arbeiten beschäftige ich mich mit der Entwertung von Raum. Ich glaube, dass wir durch die digitalen Welten, in denen wir uns stets bewegen, den realen Raum verdrängen. In meiner Kunst lasse ich mich auf die Wahrnehmung von Raum ein, indem ich ihn auf sein Transformationsspektrum untersuche. Dabei bediene ich mich des subtraktiven und additiven bildhauerischen Verfahrens und wende diese auf den Raum an. Durch das Hinzufügen oder Wegnehmen von Elementen versuche ich die gewohnte Raumwahrnehmung zu abstrahieren. Als Elemente verwende ich Objekte, die ich entropisches Material nenne, denn unter Raum verstehe ich auch die Wahrnehmung von Welt und das Bewusstsein darüber entropisch zu sein. Entropie bedeutet, dass alle Materie im Universum zum Zustand der Zerstreuung strebt. Einfach gesagt: Entropie ist das Gesetz der Vergänglichkeit. Ich glaube, dass der Mensch sich nicht damit abfinden kann, wie all die andere Materie im Universum zu Staub zu zerfallen. Stattdessen will er Materie unterordnen und sich über sie stellen. Eins bleibt ihm dabei aus: Würde er anerkennen, dass er Teil von ihr ist, würde er tiefste Demut fühlen.

BBB: Welche Werke werden Sie in Ihrer Ausstellung?
Schulzek: Für das Stipendium habe ich mich mit der Fotoarbeit Ottomane beworben, auf die ich zuvor schon eingegangen bin. Die Bilder zeigen Räume, die mit Orientteppichen verhüllt sind. Die Verschachtelung von Mikro- und Makrokosmos lässt ein ewiges Wandern des Blickes zu. Der Reichtum an Details ist für mich Grund dafür, die Fotos als Großformate in 1,50 x 2,00 Meter zu zeigen. So entsteht für den Betrachter der Effekt im Bild einzutauchen. Ich werde die Fotografien zum ersten Mal im Rahmen einer Einzelausstellung präsentieren. Das bedeutet mir sehr viel, weil die Arbeit damit ein Maximum an Darbietung erreicht.